Artikelserie Mexiko-Stadt: Einleitung und Geschichte

Nach einer kurzen Sommerpause geht es weiter mit Artikeln zu Mexiko! Heute möchte ich eine Artikelserie über Mexiko-City beginnen. Die gigantische Metropole ist das politische, wirtschaftliche, soziale und kultureller Zentrum des Landes und sollte auf einer Rundreise durch Mexiko nicht fehlen.

Im Mai 2012 besuchte ich zum ersten Mal Mexiko-City. Ich war damals Praktikant im BMW Werk Spartanburg und nutzte die geringe Entfernung für einen Kurzbesuch. Ohne mich vorher über die Stadt informiert zu haben und ohne ein Wort Spanisch zu sprechen, begab ich mich auf ein Abenteuer in einem neuen Land, dass mich seitdem fasziniert und nicht mehr los lässt. Bis zum heutigen Tag besuchte ich die Metropole über zehn Mal. In den kommenden Monaten möchte ich euch die Geschichte und die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Mexiko-Stadt näher bringen.

2012: Meine erste Reise nach Mexiko-Stadt – wie die Zeit vergeht…

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Überblick

Ähnlich wie Berlin oder Washington bildet auch Mexiko-City eine eigene Gebietskörperschaft. Aus diesem Grund wurde die Stadt früher oft México Distrito Federal oder kurz D.F. genannt. Heute spricht man dagegen oft von der Ciudad de México. Mexikos Hauptstadt gehört mit 8,9 Millionen Einwohnern zu einer der größten Städte der Welt. In der Metropolregion Zona Metropolitana del Valle de México (ZMVM) leben sogar über 21 Millionen Menschen (zum Vgl.: Mexiko hat insgesamt nur ca. 128 Mio. Einwohner). Mexico-City ist das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zentrum des Landes. Hier findet ihr die größten und bekanntesten Universitäten, die besten Restaurants und die größte Ansammlung an Sehenswürdigkeiten und Museen Mexikos.

Einige interessante Fakten über die Hauptstadt:

  • Mexiko-Stadt liegt auf einer Höhe von 2.200 m über dem Meeresspiegel, sinkt aber aufgrund fortwährenden Entnahme von Grundwasser jährlich um ca. 25 cm!
  • Die Kathedrale am zentralen Platz ist die größte und älteste des amerikanischen Kontinentes. Unterhalb und neben ihr befindet sich der Templo Mayor – das frühere Zentrum der Aztekenstadt Tenochtitlán. Ende der 70er Jahre entschied man sich Teile davon freizulegen und als Museum zugänglich zu machen.
  • Der zentrale Platz der Stadt, der Plaza de la Constitución (auch Zócalo genannt), gehört mit 235 m x 215 m Ausdehnung zu den größten der Welt.
  • Die berühmte Malerin Frida Kahlo wurde 1907 in Coyoacán, einem der meiner Meinung nach tollsten Stadtteile Mexikos, geboren. Sie lebte in einer schwierigen Ehe mit dem noch berühmteren Maler Diego Rivera, von welchem sie sich 1939 scheiden ließ, nur um ihn ein Jahr später erneut zu heiraten. Zu dieser Zeit zog sie zurück in ihr Elternhaus, das berühmte Casa Azul (Blaues Haus) in Coyóacan. Es beherbergt heute ein sehr gutes und empfehlenswertes Museum.
  • Die schwimmenden Gärten von Xochimilco gehören neben dem historischen Zentrum und dem zentralen Campus der UNAM (Universidad Nacional Autónoma de México) zum UNESCO Weltkulturerbe. Eine Fahrt in den berühmten Trajineras (Ausflugsboote) ist ein Muss bei einem Besuch von Mexiko-Stadt.
  • Der Bosque de Chapultepec ist der größte städtische Park Lateinamerikas. Er ist doppelt so groß wie der Central Park in New York und beinhaltet unter anderem das einzige königliche Schloss auf dem amerikanischen Kontinent, die ehemalige Residenz Kaiser Maximilians.
  • Mexiko-City hat über 180 Museen – weltweit auf Platz 2 hinter London.
  • Die UNAM (Universidad Nacional Autónoma de México) ist die größte Universität der Welt mit über 300.000 Studenten.
  • Der internationale Flughafen von Mexico-City (benannt nach dem berühmten Präsidenten Benito Juárez) ist nach Flugbewegungen und Frachtumsatz der bedeutendste Flughafen Lateinamerikas.
  • Das Restaurant Pujol, seit 2013 immer unter den Top 50 Restaurants weltweit, befindet sich in Mexiko-City, es ist das beste Restaurant des Landes.
  • Kaum vorstellbar: Tenochtitlán (das spätere Mexiko-City) wurde auf einer Insel im Texcoco See gegründet. Im Laufe der Jahre wuchs die Stadt über mehrere weitere Inseln hinaus bis auf das Festland. Damals war Mexiko-City eine Stadt im See, durchzogen von Kanälen und Brücken. Der Anblick muss faszinierend gewesen sein. Das starke Bevölkerungswachstum und viele Bauprogramme sorgten für einen immer weiter sinkenden Grundwasserspiegel – der See trocknete langsam aus. Als Folge konnten sich Krankheitserreger in Sumpfgebieten stark ausbreiten und viele Gebäude sackten aufgrund des austrocknenden und sinkenden Bodens ein. Dieser weiche Boden sorgt ebenfalls für eine verstärkte Wirkung von Erdbeben, welche in Mexiko leider sehr häufig vorkommen. So kam es am 19.09.1985 zu einem der verheerendsten Beben mit mehr als 10.000 Toten. Kurioserweise kam es am gleichen Tag einige Jahre später, dem 19.09.2017, erneut zu einem extremen Beben. Da jedoch an diesem Tag landesweit Evakuierungstrainings abgehalten werden, kamen nur 369 Menschen ums Leben.
  • Diese Liste lässt sich noch ewig fortsetzen. Mexiko-Stadt ist eine extrem faszinierende und vielseitige Metropole, leider auch mit einigen Schattenseiten. Jedoch kann man selbst nach mehr als zehn Besuchen immer wieder Neues entdecken.

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Geschichte

Auf dem heutigen Gebiet der mexikanischen Hauptstadt befand sich früher der Lago Texcoco, ein gigantisch großer See, welcher einen großen Teil des Anahuac Tals einnahm. Bereits ca. 7.000 v. Chr. fand eine erste landwirtschaftliche Nutzung des Seeufers statt. Aufgrund von Überflutungen und starker vulkanischer Aktivität in der Region verlagerten sich die Siedlungen aber zum Nordufer und es kam nach Fortschritten in der Bewässerungstechnik und im Maisanbau zur Gründung einer Zivilisation im beeindruckenden Teotihuacán. Trotz großen Reichtums und Einfluss bis nach Guatemala und darüber hinaus konnte Teotihuacán seine wachsende Bevölkerung nicht ernähren und zerfiel im 8. Jahrhundert.

Im 13. Jahrhundert kamen die Azteken (urspr. Méxica), deren Ursprung der Legende nach in einem Ort namens Aztlán lag. Auf Weisung ihre Gottes Huitzilopochtli sollten sie nach Süden ziehen und eine Stadt an der Stelle gründen, an der sie einen Adler fänden, der auf einem Kaktus sitzend eine Schlange verspeiste. Auf einer Insel in mitten des Texcoco Sees fanden sie diesen Ort und nannten ihn Tenochtitlán. Das Motiv aus Adler, Schlange und Kaktus findet ihr auch heute noch auf der mexikanischen Flagge.

Natürlich handelt es sich dabei um eine Geschichte. Der See wurde vermutlich als Siedlungsort gewählt, da er einen strategisch guten Rückzugsort bildete und sie mit Fisch versorgte. Um der stark wachsenden Bevölkerung Platz zu bieten wurden Inseln aufgeschüttet und Dämme gebaut, die den Wasserstand des Sees regelten. Brücken und Kanäle durchzogen die Stadt. Außerdem wurde ein ungewöhnliches Landwirtschaftssystem eingeführt. Da die Azteken keine Lasttiere kannten und Nahrung daher hauptsächlich vor Ort produzieren mussten, bauten sie sogenannte Chinampas. Dabei handelt es sich um aufwendig angelegte künstliche Inseln. Erst rammte man Holzpfähle in den Boden und befestigte daran ein Flechtwerk aus Schilf, welches mit nährstoffreichem Schlamm vom Seegrund gefüllt wurde. Eine Randbepflanzung aus Wasserpflanzen oder Weidensträuchern verhinderte mit ihren Wurzeln ein Wegspülen des Schlammes. Durch dieses System konnte bis zu vier mal im Jahr geerntet werden. Als die spanischen Eroberer jedoch Lasttiere und weitere landwirtschaftliche Anbaumethoden einführten, kam es zum Ende der Chinampas. In Xochimilco könnt ihr aber heute noch Reste erkennen.

Tenochtitlán wuchs über die Jahre zu einem großen Stadtstaat, dessen Reich sich vom Pazifik bis zum Golf erstreckte. Die Spanier erreichten die Stadt im Jahr 1519. Zu dieser Zeit hatte sie etwa 200.000-300.000 Einwohner, das Valle de México war bereits auf 1,5 Mio. Menschen angewachsen, einem der damals am dichtesten besiedelten Ballungsräume der Welt.

 

Die Ankunft der Spanier

Trotz der hohen Bevölkerungsdichte brauchten die Eroberer nur zwei Jahre, um die mexikanische Zivilisation zu bezwingen. Wie kam es dazu? Nachdem Christoph Kolumbus die Karibik erreichte, verfolgten die Spanier eine aggressive Expansionspolitik. Diego Velázquez, der spanische Inselgouverneur, ernannte Hernán Cortés, einen Kolonisten, zum Anführer der Westexpedition. Als die Kosten jedoch immer weiter stiegen, wollte er die Sache absagen. Cortés widersetzte sich und stach mit 11 Schiffen, 550 Mann und 16 Pferden am 15.02.1519 in See.

Also ich wäre an Hernan Cortés Stelle auf Cozumel geblieben :).

Zuerst erreichte man die Insel Cozumel und zog dann weiter in Richtung Tabasco. Cortés siegte in der Schlacht von Centla gegen die Einheimischen, welche panikartig vor den Neuankömmlingen flohen (was vor allem an der Kavallerie lag, da man Pferde bis dato in Mexiko nicht kannte). Sie hinterließen 20 Dienerinnen, u.a. Doña Marina, La Malinche, seine Übersetzerin, Beraterin und spätere Geliebte. Auf Cortés Weg nach Tenochtitlán bekam er Unterstützung einiger indigener Gruppen, welche schon lange auf Kriegsfuß mit ihren Unterdrückern, den Azteken, standen. Auch die Tlaxcalteken verbündeten sich mit ihm (weswegen sie heute in einigen Teilen Mexikos unbeliebt sind). Zu seinem Glück spielte ihm auch noch der Aberglaube der Azteken in die Hände: Nach dem Azteken-Kalender sollte 1519 der Gottkönig Qetzalcóatl aus dem Osten zurückkehren. König Moctezuma II. war sich unschlüssig und erkannte in Cortés auf seinem großen Ross teilweise diesen König.

 

Der Untergang Tenochtitláns

Moctezuma II. lud die Spanier und 6.000 ihrer indigenen Verbündeten am achten November 1519 nach Tenochtitlán ein. Man empfing die Gäste im Guten, da jedoch Tenochtitlán zu der Zeit viel größer als alle Städte Spaniens war und sich die Spanier einer gigantischen Überzahl von Azteken gegenüber sahen, dachte man an eine Falle und nahm Moctezuma II. als Geisel. Dieser jedoch erzählte seinem Volk, dass Cortés ein Gott wäre und er ihm freiwillig folgte. Nach einigen Monaten töteten die Spanier aus Furcht vor einem Angriff mehrere hundert aztekische Adlige. Daraufhin geriet das Volk in Rage und Cortés drängte Moctezuma II. es zu beschwichtigen. Bei dem Versuch zum Volk zu sprechen starb der Kaiser durch Steinwürfe auf dem Dach des Palastes von Axayácatl.

Die Spanier flohen in der Nacht aus der Stadt (die sog. Noche triste – traurige Nacht) und verloren dabei hunderte ihrer eigenen Männer und tausende ihrer Verbündeten. In Tlaxcala zogen sie sich zurück und bauten Boote, mit denen sie von den umliegenden Seen Tenochtitlán attackieren wollten. Als sie im Mai 1521 zurück kamen, wurden sie von 100.000 indigenen Verbündeten begleitet.  Tenochtitlán wurde drei Monate lang angegriffen, danach fiel die Stadt. Kaiser Cuahtémoc wurde gefangen genommen und bat Cortés ihn zu töten. Er blieb jedoch bis 1525 in Gefangenschaft und wurde gelegentlich gefoltert um den Versteck eines Aztekenschatzes zu verraten.

Mitten in der Stadt und trotzdem grün: Bosque Chapultepec, der größte Stadtpark Lateinamerikas.

Im nächsten Teil der Serie geht es um die Weiterentwicklung von Mexiko-Stadt als Hauptstadt von Nueva España und den Weg zur mexikanischen Unabhängigkeit (darüber hattet ihr ja u.a. in den Artikeln zu Querétaro und Dolores Hidalgo schon gelesen).

Ihr könnt vom mexikanischen Essen nicht genug haben? Wie wäre es dann mit einem guten Kochbuch?*