Artikelserie Mexiko-Stadt: Hauptstadt von Neuspanien, Unabhängigkeit und moderne Metropole

Der zweite Teil meiner Artikelserie beleuchtet die Entwicklung von Mexiko-Stadt nach der Einnahme durch die Spanier bis zur heutigen Metropole.

Erinnern wir uns kurz zurück: Das heutige Mexico-City wurde als Tenochtitlán durch die Azteken im 13. Jahrhundert auf Inseln im großen See Lago Texcoco gegründet. Stadt und Bevölkerung wuchsen explosionsartig, so dass weitere Inseln aufgeschüttet, Dämme gebaut und ein fortschrittliches Landwirtschaftssystem auf dem See eingeführt werden mussten. Bei Ankunft der Spanier 1519 war die Stadt größer als die größten Städte Spaniens, das Valle de México hatte bereits mehr als 1,5 Mio. Einwohner.

Trotz der riesigen Überzahl ging Tenochtitlán relativ schnell unter: Einerseits aufgrund einer Legende, die 1519 die Ankunft des Gottkönig Qetzalcóatl aus dem Osten vorhersagte (in Cortés auf seinem Pferd erkannte man diesen König teilweise, vor allem aufgrund der Tatsache, dass es Pferde bis dato in Mexiko nicht gab), andererseits aufgrund der vielen indigenen Gruppen, die sich Cortés im Laufe der Zeit gegen die Azteken anschlossen. 1521 wurde Tenochtitlán nach drei Monaten erbitterter Kämpfe durch die 900 Spanier und ihre 100.000 indigenen Verbündeten eingenommen.

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Mexiko-Stadt als Hauptstadt von Nueva España

Wie gewohnt zerstörten die Spanier die Aztekenhauptstadt und bauten auf ihren Überresten ihre eigene Hauptstadt auf. Nur sehr wenige Gebäudereste erinnern heute noch an die Azteken. Neue Krankheiten, die von den Spaniern eingeschleppt wurden, und gegen die die Mexikaner keine Abwehrkräfte hatten, dezimierten die mexikanische Bevölkerung extrem. Innerhalb eines Jahrhunderts sank die Bevölkerung im Valle de México von 1,5 Mio. Menschen auf unter 100.000.

Die Spanier bauten eine beeindruckende und elegante Hauptstadt ihres Vizekönigreiches Nueva España auf. Neue prunkvolle Gebäude wurden errichtet, Straßen und Brücken gebaut, weitere Teile des Sees trockengelegt. Leider zeigte sich aber bereits damals, dass eine Stadt auf einem trockengelegten See keine gute Idee ist: Die großen und schweren Gebäude sanken ein, die Zerstörung der aztekischen Kanäle unterband die Entwässerung und immer wieder suchten Hochwasser die Stadt heim (nach starken Regenfällen im Jahr 1629 standen Teile der Stadt fünf Jahre lang unter Wasser!). Erst im 18. Jahrhundert sorgte man für Abhilfe durch den Bau von neuen Entwässerungs- und Abwasserkanälen.

1784 wurde das Schloss Chapultepec auf dem Hügel im großen Stadtpark Bosque Chapultepec als Sommersitz für Vizekönig Bernardo de Gálvez y Madrid errichtet.

Tequila gehört zur Seele Mexikos. Mittlerweile bekommt man den ein oder anderen edlen Tropfen zum Glück auch in Deutschland. Hier ein Tipp:*

 

Die mexikanische Unabhängigkeit

In den Artikeln zu Dolores Hidalgo, Guanajuato und Santiago de Querétaro konntet ihr schon einiges über Mexikos langen Weg zur Unabhängigkeit lesen. Alles begann am 16.09.1810 mit dem Grito de Hidalgo. Der Priester Miguel Hidalgo rief in seiner Gemeinde zur Rebellion auf. Nach der Besetzung Spaniens durch Napoleon Bonaparte war die Kontrolle über Neuspanien geschwächt und man sah dies als Chance, sich von den ausbeuterischen Herrschern zu befreien. Im Oktober des gleichen Jahres besiegten etwa 80.000 Aufständische die königstreuen Truppen westlich der Hauptstadt. Man verzichtete jedoch darauf weiter vorzurücken, da man zu schlecht ausgerüstet war. Mehr als zehn weitere Jahre bekriegten sich königstreue Truppen und Aufständische, dabei kamen viele Rebellenführer (auch Miguel Hidalgo) ums Leben. 1821 stimmte der spanische Vizekönig Juan O’Donojú der mexikanischen Unabhängigkeit in Córdoba, Veracruz, zu. 1822 wurde General Augustín Iturbide, ein Held des Unabhängigkeitskrieges, aufgrund seiner Popularität zum Kaiser Augustin I. des mexikanischen Reiches ernannt.

Aufgrund leerer Staatskassen und Streitigkeiten löste Iturbide den Kongress im Oktober 1822 auf, doch schon kurz darauf verlor er die Unterstützung des Militärs. Der Kongress wurde im März 1823 wieder eingesetzt, der General dankte ab und die Macht ging an eine provisorische Regierung über, die die Monarchie schließlich abschaffte.

Eine neue Verfassung erklärte Mexiko zur Republik mit 19 Bundesstaaten und vier Territorien, erster Präsident wurde Guadalupe Victoria. Die kommenden Jahre waren aber sehr schwer für die neue Republik. Mehr als fünfzigmal wurde die Führung ausgetauscht. 1845-1848 kam es zum Mexikanisch-Amerikanischen Krieg, in dem Mexiko große Gebiete an die USA verlor (Texas, Kalifornien, Utah, Colorado und Teile von New Mexico und Arizona). 1847-1848 erhoben sich die Mayavölker Yucatáns gegen die Criollos im Kastenkrieg.

1857-1860 tobte Bürgerkrieg zwischen Konservativen und Liberalen. Der indigene Zapoteke und von den USA unterstützte Anführer der Liberalen, Benito Juarez aus Oaxaca, gewann die Oberhand und regierte das Land von 1861 an. Als Folge des Krieges war Mexiko nicht mehr in der Lage seine Schulden bei den europäischen Kreditgebern abzuzahlen und es kam erneut zu einer militärischen Intervention. Am 17.12.1861 besetzten Spanier, Briten und Franzosen die Stadt Veracruz. Spannungen unter den Alliierten sorgten jedoch für den Abzug von Briten und Spaniern, nur die Franzosen führten den Interventionskrieg fort, um ihre Schulden einzufordern. Durch den Einmarsch der Franzosen wurde Benito Juarez Regierung 1861-1863 ins Exil gezwungen. Napoleon III. installierte eine Marionetten-Monarchie unter Erzherzog Maximilian von Habsburg. Nach harten Kämpfen gelang den Franzosen am 07.06.1863 die Eroberung von Mexiko-Stadt. Das französische Regime war verhasst in Mexiko und so wurde der Guerilla-Krieg (auch unterstützt durch die USA) fortgeführt. 1867 gab Napoleon III. schließlich auf und ließ seine Truppen abziehen. Erzherzog Maximilian wollte jedoch nicht von seiner Krone abrücken, wurde gefangen genommen und am 19.06.1867 in Querétaro hingerichtet (mehr dazu im Artikel zu Querétaro). Während seiner kurzen Herrschaft ließ er die Calzada del Emperador (heute Paseo de la Reforma), eine Prunkstraße in Mexiko-Stadt, anlegen. Sie verband den großen Stadtpark Bosque de Chapultepec mit dem Zentrum.

Unter Präsident Porfirio Díaz kam es zum wirtschaftlichen Aufstieg des Landes. Er regierte ganze neun Regierungsperioden (1867/77-1880, 1884-1911). Diaz beendete die bürgerkriegsähnlichen Zustände in vielen Teilen des Landes, ließ Telefon- und Telegraphenleitungen bauen, erweiterte das Eisenbahnnetz und sorgte für einen Bauboom (Mexiko war u.a. 1913 der drittgrößte Erdölproduzent der Welt). In Mexiko-City entstanden prunkvolle Villen und Theater und ein Straßenbahnnetz mit einer Länge von 150 km. Mit dem neuen Entwässerungskanal konnten große Teile des Lago Texcoco trockengelegt werden und die Stadt sich weiter ausbreiten. 1910 wohnten bereits 500.000 Menschen in Mexiko-Stadt.

Diaz Führungsstil sorgte leider auch für eine Zentralisierung und Ausrichtung aller Ämter auf den Präsidenten. Nur wenige elitäre Kreise hatten Zugang zu politischen Ämtern und wurden fortan bevorzugt behandelt. Der Wirtschaftsaufschwung ging am Großteil der Bevölkerung vorbei und der Reichtum war extrem ungleich verteilt (1910 verfügte rund 1% der Bevölkerung über den Besitz und die Kontrolle von 96% des Bodens). Viele Kleinbauern wurden aufgrund der Modernisierung der Landwirtschaft enteignet, mussten sich als Arbeiter verdienen und gerieten in Schuldknechtschaft (moderne Sklaverei). Diaz verbot die Opposition, schaffte Wahl- und Pressefreiheit ab. Die Korruption blühte und es rumorte im Land.

 

Die mexikanische Revolution

Im Jahr 1908 verkündete Diaz seinen Rücktritt am Ende der laufenden Amtsperiode und demokratische Wahlen. Ein aussichtsreicher Kandidat war der General und Gouverneur des Bundesstaates Nuevo León, Bernardo Reyes. Diesen ließ der Präsident aber per Veto auf einen anderen Posten setzen und so kam es, dass Francisco Madero in den Vordergrund trat. Er war Sohn einer reichen Großgrundbesitzerfamilie aus Coahuila. Er forderte erstmals offen die Machtstellung von Porfirio Diaz heraus. Dieser stufte die Partei Maderos als Bedrohung ein und ließ ihn kurzerhand verhaften und seine Bewegung zerschlagen. Es kam zu einer inszenierten Wiederwahl von Diaz. Auf seiner Flucht aus dem Gefängnis von San Luis Potosí (die Zelle könnt ihr heute noch besichtigen) in die USA rief er die Mexikaner am 20.11.1910 zum Sturz des Präsidenten auf.

Vor allem in ländlichen Regionen begannen Aufstände, unter anderem unter Pancho Villa und Emiliano Zapata. Die schlecht organisierte und mangelhaft ausgestattete Bundesarmee konnte der aufflammenden Aufstände an vielen Orten im Land nicht Herr werden. 1911 gelang es den Rebellen Ciudad Juárez einzunehmen und für Waffennachschub aus den USA zu sorgen. Daraufhin gab am 17.05.1911 Diaz seinen Rücktritt bekannt und floh ins Exil nach Frankreich. Es wurden Neuwahlen im Land vorbereitet.

In den folgenden Jahren kam es zu häufigen Regierungswechseln, da die jeweils neu gewählten oder an die Macht geputschten Präsidenten an alten Machtstrukturen festhalten und keine notwendigen Reformen umsetzen wollten. Madero blieb nur zwei Jahre im Amt, wurde dann in einem Putsch durch Victoriano Huerta, dem Oberkommandeur der Armee, abgesetzt. Da Huerta unter Gewalt den Kongress auflöste, kam es zum Bruch der Beziehungen mit den USA, welche nun die Rebellen durch Waffenlieferungen unterstützten. Vor allem im Norden Mexikos bildeten sich drei große und gut organisierte Widerstandsarmeen unter Alvaro Obregón („Armee des Nordwestens“, Ejército del Noreste), Pancho Villa („Division des Nordens“, División del Norte) und  Pablo González („Armee des Nordostens“, Ejército del Noreste). Zusätzlich gab es noch die Anti-Huerta-Bewegung unter Venustiano Carranza. Im Süden des Landes führten die Zapatisten einen Guerillakrieg gegen Huerta, da sie nicht auf Waffenlieferungen und eine funktionierende Logistik setzen konnten. Nach mehreren vernichtenden Niederlagen gab Huerta 1914 auf und floh nach Europa. Francisco S. Carvajal wurde neuer Präsident, die Bundesarmee musste vor den Streitkräften Obregóns kapitulieren.

Die Anti-Huerta Bewegung zerfiel nach dessen Absetzung sehr schnell. Die Vorstellungen der Bewegungen unter Zapata, Villa und Carranza, der weiterhin auf seinen Führungsanspruch in Mexiko bestand, ließen sich aber nicht vereinbaren. Carranza ließ ein Konvent der Generäle und Gouverneure in Mexiko-Stadt einberufen, welcher jedoch nicht bereit war, ihm die Exekutivgewalt zuzustehen und sich vertagte. Bei der erneuten Sitzung in Aguascalientes wandte sich der Konvent gegen Carranza, berief Villa zum Befehlshaber der Revolutionsarmee und General Eulalio Gutiérrez zum provisorischen Präsidenten. Der Bürgerkrieg flammte erneut auf und Carranza verbündete sich mit Alvaro Obregón gegen Villa. Nach einer Serie blutiger Niederlagen wurde Villa weiter nach Norden gedrängt und ein Großteil seiner Armee gab auf, sodass er nur noch auf Taktiken des Guerillakrieges zurückgreifen konnte.

Im Oktober 1915 erkannten die USA die Regierung Carranzas an, was Villa dazu brachte US Bürger gezielt anzugreifen. Ein Überfall der Villistas auf die Grenzstadt Columbus hatte eine militärische Intervention der USA in Mexiko zur Folge, um Villa zu fassen. Dies brachte das Land erneut an den Rand eines Krieges mit den USA, welche sich aber 1917 aufgrund des ersten Weltkrieges zurückzogen. Im gleichen Jahr kam es zu einer neuen Verfassung im Mexiko, die auf Forderungen der Revolutionäre einging. Die breite Unterstützung der Landbevölkerung blieb jedoch aus, da das Regime viele Maßnahmen immer wieder verzögerte.

Auch wenn die Zapatisten im Süden des Landes immer mehr in die Defensive gerieten, bestand das Problem weiterhin. Als Zapata Sympathien für Obregón erkennen ließ, ließ Carranza ihn ermorden. Daraufhin kam  es ab 1919 zum offenen Machtkampf zwischen Carranza und Obregón, der jedoch große Teile des Militärs hinter sich vereinen konnte. 1920 war der Machtkampf mit der Ermordung Carranzas entschieden und Obregón wurde zum neuen Präsidenten gewählt.

Alvaro Obregón schaffte es endlich, das Land innen- und außenpolitisch zu stabilisieren. Die Wahl seines Nachfolgers 1924 sorgte jedoch erneut für Aufstände zahlreicher Armeeführer, die Obregóns Kandidaten Plutarco Elías Calles verdächtigten, an der Ermordung Pancho Villas 1923 beteiligt gewesen zu sein. Die Aufstände konnten niedergeschlagen werden und Calles wurde 1924 zum neuen Präsidenten gewählt.

Calles kümmerte sich um den wirtschaftlichen Wiederaufbau, die Sanierung des Staatshaushaltes, die Einführung eines neuen Steuersystems und den Ausbau des Bildungswesens. Die Einführung einer vom Vatikan unabhängigen mexikanischen Staatskirche 1925 ließ jedoch erneut Krisenherde entstehen. Die Cristeros, strenge Katholiken aus dem zentralen und westlichen Hochland, erhoben sich und gingen brutal gegen die Regierung Calles vor. Erst 1929 konnten Regierungstruppen den Aufstand niederschlagen. Calles nutzte die Ermordung Obregóns durch einen fanatischen Katholiken um seine Machtbasis in Mexiko bis 1935 durch dein Einsatz von Strohmännern als Präsidenten zu sichern. Erst sein Nachfolger Lázaro Cárdenas, der Calles ins Exil in die USA schickte, schaffte es, wichtige gesellschaftliche und wirtschaftliche Maßnahmen durchzuführen und die mexikanische Revolution abzuschließen.

Die vielen Sehenswürdigkeiten in Mexiko-City werden eure Handykamera ordentlich fordern. Da wäre es schade, wenn der Akku unterwegs schlapp macht – daher unbedingt eine Powerbank mitnehmen:*

 

Der Weg zur modernen Metropole

Calles war an der Gründung der Partido Revolucionario Institucional (PRI) beteiligt, welche Mexiko bis zum Jahr 2000 regierte. Da sich immer noch relativ viel Grundbesitz in der Herrschaft von wenigen befand, wurden zwischen 1920-1960 etwa 400.000 km² Land an Kleinbauern verteilt. In der Mitte des 20. Jahrhunderts kam es zum Wirtschafts-Boom in Mexiko durch Industrie- und Exportzuwächse und aufkommenden Tourismus. 1970 wurde das erste Hotel in Cancún eröffnet, im gleichen Jahrzehnt lässt der sprunghaft gestiegene Ölpreis Mexikos Wirtschaft erblühen. Nur wenige Jahre später sorgte der fallende Ölpreis jedoch für eine starke Rezession.

Aufgrund der Industrialisierung strömten große Teile der verarmten Landbevölkerung in Großstädte, vor allem in den Raum um Mexiko-Stadt. In den 70er Jahren stieg die Einwohnerzahl der Metropolregion von 9 Mio. auf über 14 Mio. Menschen an. Es kam zu chaotischen Verkehrsverhältnissen und extremer Umweltverschmutzung. Die Region dehnte sich über die Grenzen des Verwaltungsdistriks (D.F., distrito federal) bis in die Nachbarbundesstaaten aus. Nach langer direkter Verwaltung durch die Regierung bekam D.F. 1977 endlich politische Autonomie. Heute beheimatet der Ballungsraum um Mexiko-Stadt über 22 Millionen Menschen!

Am 17.09.1964 wurde das Nationalmuseum für Anthropologie nach einer Bauzeit von 18 Monaten eröffnet. Es befindet sich im Chapultepec Park und ist meiner Meinung nach eines der interessantesten Museen der Stadt. Ein Besuch ist Pflicht!

 

Starker Drift in Korruption und Drogenhandel

Über die Jahre hinweg konnte die PRI ein System von Korruption und Machtmissbrauch aufbauen. Daraufhin kam es in den 60ern zu Demonstrationen für die Demokratisierung der PRI. 1968 wurden dabei in Tlateloco (Mexiko-Stadt) kurz vor den Sommerspielen 400 Demonstranten getötet. Aufgrund des Massakers wandten sich viele Mexikaner von ihrer Einheitspartei ab, welche sich in den folgenden Jahrzehnten weiterhin durch Wahlbetrug und autoritäre Politik an der Macht hielt.

Der Betrug der PRI wurde immer offensichtlicher: Präsident Carlos Salinas de Gortaris gewann die Wahl 1988 nur durch einen seltsamen Computerfehler im entscheidenden Moment der Stimmauszählung. Die Zahl ungeklärter Morde und der illegale Drogenhandel nahmen unter ihm stark zu. Er sorgte jedoch auch für Privatisierung der Wirtschaft und unterzeichnete das Freihandelsabkommen NAFTA. Dies führte zu einem Aufschwung in Großindustrie und Exportwirtschaft, brachte jedoch Kleinbauern in Nöte, da Billigimporte aus den USA ihre Existenzen bedrohte. Nach Inkrafttreten des Abkommens rebellieren Zapatisten in Chiapas.

Am 19.09.1985 erschütterte ein Erdbeben der Stärke 8,1 Mexiko-Stadt, über 10.000 Menschen kamen ums Leben. Bis heute werden an diesem Tag Evakuierungsübungen durchgeführt – ein Glück, dann am 19.09.2017 kam es ebenfalls zu einem starken Beben der Stärke 7.1, ihm fielen „nur“ 369 Menschen zum Opfer.

In den 80er und 90er Jahren baute Carlos Slim Helú, Sohn einer libanesischen Einwandererfamilie, sein Firmenimperium in Mexiko auf. Er zählt heute zu den reichsten Menschen der Welt, aber auch sein Werdegang ist nicht unumstritten. Er ließ unter anderem das Museo Soumaya in Mexiko-Stadt bauen. Es beinhaltet seine umfangreiche Kunstsammlung, ist kostenlos und ein Tipp für einen Besuch der Hauptstadt.

Ihr wollt mehr über die mexikanische Kultur lesen? Dann kann ich euch das folgende Buch empfehlen:*

 

Demokratischer Wandel und Drogenkrieg

Salinas Nachfolger Ernesto Zedillo (1994-2000) bekam die Aufgabe, das finanzielle Desaster, das sein Vorgänger hinterlassen hatte, aufzuräumen. Er initiierte ein Wahlsystem unter neutraler Kontrolle und reagierte somit auf den Wunsch der Bevölkerung nach einem demokratischen Wandel. Unter ihm nahmen Verbrechen und Auswanderung jedoch weiter zu.

Durch das neue Wahlsystem konnte im Jahr 2000 zum ersten Mal eine andere Partei die Auszählung gewinnen. Mexikos neuer Präsident wurde Vicente Fox von der Partido Accion Nacional (PAN). Im gleichen Jahr wurde AMLO – Andrés Manuel Lopez Obrador, der heutige Präsident, von der linksgerichteten PRD (Partei der demokratischen Revolution) Bürgermeister von Mexiko-Stadt. Er sanierte das Centro Historico und ließ eine Ringstraße bauen.

Da die PRI das Land 80 Jahre lang regiert hatte, konnte Vicente Fox seine groß angekündigten und notwendigen Reformen kaum durchsetzen. In der kommenden Wahl im Jahr 2006 unterlag AMLO knapp Felipe Calderón, ebenfalls von der PAN. Ihm gelang es die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Er ließ 2012 auch die Ziele der CO2-Emissionen gesetzlich verankern und rief Mexiko somit zum Umwelt-Champion aus. Calderons Präsidentschaft stand jedoch auch im Zeichen des Krieges gegen die Drogen. Bereits Zedillo und Fox hatten bewaffnete Kräfte gegen die immer stärker werdenden Kartelle, die mit dem illegalen Drogenhandel ihr Geld verdienten, mit mäßigem Erfolg eingesetzt. Etwa 2000 Menschen starben bis 2006 jährlich durch Gewalttaten rivalisierender Banden. Calderón ließ entlang der US-Grenze tausende Soldaten stationieren und erklärte den Kartellen den Krieg. Leider sorgte dies neben Verhaftungen und Drogenbeschlagnahmungen für einen extremen Anstieg der Gewalt. Während Calderons Präsidentschaft wurden 60.000 Menschen getötet. Städte und Regionen wurden immer gefährlicher (2010 wurde Ciudad Juárez an der Grenze zu den USA mit 3100 Morden zur Welthauptstadt des Mordens erklärt).

Unterdessen wurde 2006 in Mexiko-Stadt AMLOs ehemaliger Polizeichef Marcelo Ebrard zum Bürgermeister gewählt. Er brachte moderne Initiativen auf den Weg, u.a. gleichgeschlechtliche Ehe, Recht auf Abtreibung und Sterbehilfe. Sein Nachfolger Miguel Ángel Mancera will sogar Marihuana legalisieren und große Fußgängerzonen in der Innenstadt einrichten.

2012 wurde Enrique Peña Nieto von der PRI zum Präsidenten gewählt. Er versprach weitere Reformen zur Stärkung der Wirtschaft, lieferte aber wenig und war bei den meisten Mexikanern unbeliebt.

Andrés Manuel López Obrador (AMLO) ist seit 2018 Präsident von Mexiko. Er zählt zur politischen Linken, bot jedoch ehemaligen politischen Gegenspielern, die ihre Partei verlassen wollten, Zuflucht in seiner Partei an. Die Wähler erwarten von Obrador vor allem den Kampf gegen die Korruption und die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen, wie der Massenentführung von Studenten in Iguala im Jahr 2014 (damals wurden 43 Studenten entführt und später ermordet, aufgrund von Verbindungen zwischen Politikern und organisiertem Verbrechen wurde die Aufklärung aber immer wieder verhindert). Trotz vieler Bemühungen gestalten sich Versuche zur Besserung der gesellschaftlichen Probleme aufgrund der engen Vernetzung von politischen Akteuren mit Verbrecherkartellen schwierig. Seit Beginn der Amtszeit von AMLO wurden in Mexiko 38 Journalisten ermordet.

Im März 2021 stimmte das Parlament für ein Gesetz zur Legalisierung von Cannabis. Die Zustimmung durch den Senat gilt als sicher.

 

Mexiko-Stadt heute

2020 wohnten in Mexiko-Stadt etwa 9,2 Millionen Menschen, im Ballungsraum etwa 22 Millionen. Nach São Paulo ist sie damit die zweitgrößte Stadt Lateinamerikas. Die Aufteilung der Bevölkerung in sozial schwache und wohlhabende Menschen ist in der Stadt deutlich sichtbar. Die wohlhabenden Gegenden befinden sich um Westen rund um den Stadtpark Chapultepec. Im Süden finden sich beliebte Wohngegenden der Mittelschicht. Der Norden ist durch Industriegebiete und Arbeitsviertel geprägt. Die östlichen Vororte werden von den sozial schwächsten bewohnt bis hin zu Müllsuchern, die in Blechhütten hausen.

 

Im nächsten Kapitel gebe ich euch Tipps zur Anreise und Übernachtung in Mexiko-Stadt.

Ihr könnt vom mexikanischen Essen nicht genug haben? Wie wäre es dann mit einem guten Kochbuch?*